Zu Spontis, Schreiberlingen und Bilderaktivismus

Was bisher geschah
Nach einer Sponti am 18. Februar im Leipziger Osten gab es einen Presseartikel: “Spontandemo in Leipzig wegen Heibo-Räumung und Haftfall Cospito in Italien”. Zur Anwesenheit von Journalist*innen bei derart Aktionen gab es ein Kritikpapier: “Zu Spontis und Schreiberlingen” (11. März). Am 8. April gab es eine Antwort: “Zum Umgang mit der Presse”, dieser Text sollte auch ein Beitrag sein “zu einer längst überfälligen Debatte um den Umgang mit Fotograph*innen und Pressefreiheit”. Leider geht der Text nicht auf die Hauptkritik von “Zu Spontis und Schreiberlingen” ein, nämlich dass es bei bestimmten Aktionen, wie zB. einer Sponti, unerwünscht ist die Presse einzuladen. Bei einer Sponti wird übrigens die Bullerei auch nicht vorab eingeladen und damit wird das Argument, dass „… die Bullen eh bessere Aufnahmen machen als die Presse“ hinfällig. Am 20. April erschien noch ein lesenswerter Text über das Leben und die Motivationen von Journalist*innen und die Rolle der Presse: “Journalistenpack“.
Wir wollen hier noch einmal eingehen auf einige Annahmen und Argumentationslinien die in “Zum Umgang mit der Presse” niedergeschrieben wurden und die für uns nicht nachvollziehbar und teilweise falsch sind.

Magritte’s Pfeife
Auch wir schauen uns gern mal Videos an, auf denen zu sehen ist wie Menschen sich den Bullen entgegenstellen, irgendwas kaputt schlagen oder den nächstbesten Mülleimer anzünden. Auch wir empfinden ein wohlig warmes Gefühl, wenn ein Transporter der Schweine in Flammen steht und bestimmt haben auch diese Videos/Bilder einen Teil dazu beigetragen, dass wir uns der Gesamtscheiße militant widersetzen. Wenn aber behauptet wird, dass Riotbilder die beste Propaganda seien, ja sogar, dass Bilder von steinewerfenden Menschen ausschlagebend waren, um militant zu werden, sträubt sich in uns so einiges. Wir fragen uns hier, was dann überhaupt noch übrig bleibt von Militanz, wenn es vordergründig um die Bilder geht. Uns geht es zumindest nicht um Bilder, für uns drückt sich Militanz in einer Kaputten Sache aus, nicht in dem Foto einer Kaputten Sache. Das Mittel wird zum Ziel und das eigentliche Ziel verschwindet im Hintergrund.

Hauptsache es knallt
In dieser Haltung steckt auch ein Gewalt-Fetisch und dieser geht oftmals mit einem Angeber-Mackergehabe einher. Die vielschichtige Problematik dieser Art Verhalten wollen wir hier nicht vertiefen (z.B. das Rumposen nach einer Aktion, die unterschiedliche Wertung von Aufgaben usw.usf.) Es ist bestimmt so, dass eine gewisse Risikobereitschaft vorteilhaft sein mag, trotzdem sind uns Mitstreiter*innen die eher Respekt vor bestimmten Aktionsformen haben lieber, und die sich gemeinsam Gedanken machen wie etwas so sicher wie möglich durchgeführt werden kann. Die überlegen ob Mittel und Risiko stimmig sind für das Ziel. Ein gemeinsamer Moment von Empowerment statt einigen wenigen, die sich darüber profilieren.

Unsere Medien
Selbstverständlich kann es hilfreich sein, unsere Inhalte über die Presse weiterzutragen, doch warum sollten wir dafür auf bürgerliche Medien (nichts anderes sind LIZ & Co.) zurückgreifen. Ein Foto am Anfang, ein schöner Text, wo WIR den Inhalt bestimmen und nicht Leute, die daran auch ein finanzielles Interesse haben. Es gibt genügend Zeitschriften und Webseiten, die tatsächlich von Leuten gemacht werden, die ein Interesse an Revolution und nicht an Geld haben.

Sicherheitsstandards
„Aber viele (linke) Zeitungen haben mittlerweile hohe Sicherheitsstandards. So hat die LIZ, welcher ihr am liebsten aufs Maul hauen würdet, keine Gesichter gefilmt und sogar Schuhe verpixelt“ (Zum Umgang mit der Presse).
Erstens bringt die ganze Pixelei rein gar nichts, wenn Bullen die Journalist*innen nach der Sponti abfangen, was in Leipzig schon mehrfach passiert ist (und auch schon LIZ-Leute diese Fotos freiwillig rausgaben). Zweitens haben wir kein Vertrauen in solche Leute; wer sagt denn dass sie, wie von euch behauptet, keine Gesichter filmen und diese Aufnahmen nur einfach nicht veröffentlichen, um weiter „von uns“ zu solchen Sachen eingeladen zu werden… Drittens habt ihr das Problem mit den Bewegungsabläufen, das in “Zu Spontis und Schreiberlingen” explizit angespochen wurde, ignoriert. Im Kontext des Verfahrens um Angriffe auf Neonazis in Budapest, behaupten die Bullen zum Beispiel, mehrere Personen aufgrund von Körperhaltung und Bewegungsmustern identifizieren zu können und auch im Prozess um den eigentlich ganz smarten Diebstahl dieser sackschweren Goldmünze in Berlin, wurden die Leute vor allem durch solche Videoanalyse auf die Anklagebank geschickt.

So weit
In dieser Reaktion wollen wir nicht eingehen auf die Argumentationslinie „Weil wir nicht die gleichen Methoden wie Faschos benutzen“, weil sie uns unsinnig erscheint. Ebenfalls wollen wir hier nicht diskutieren über „Redefreiheit, Versammlungsfreiheit und Pressefreiheit“, das tut freilich nicht zur Sache wenn es um eine sichere Durchführung von Aktionen geht.